Magazinarchiv: 2000

Liedertankstellen

oder wie lerne ich neue Lieder und Leute kennen

Ein Blick in den MeV-Terminkalender zeigte ihm Frühjahr 2000 eine Vielzahl von diesen Liedertankstellen. Die meisten davon sind bereits „besungen“ und so kann hier ein kleines Resümee gezogen werden:
Vom Jungen in der 4. Klasse bis zur 65-jährigen Oma waren alle Alterstufen vertreten. Wenn auch die Männer eher selten sind, so werden sie umso mehr vom Leiter der Veranstaltung umsorgt und gehegt und manchmal aus Zeitgründen überfordert („das könnt ihr sicher vom Blatt singen….!“).
Die jüngste Teilnehmerin (rekordverdächtig) blickte gerade 6 Monate in die Welt; die kleine Bianca zog es deshalb auch vor, nach 3 ruhigeren Liedern einzuschlafen, um dann lauthals zu protestieren, als alle versuchten, mit Klatschen spanische Gefühle aufkommen zu lassen. Auch der Titel des Liedes („Du bist meine Zuflucht“) konnte Bianca nicht so leicht beruhigen. Erst der vereinte Auftritt von Vater und Mutter und unser tollstes pianissimo beim Singen schaffte das erneute Versinken in wohlige Träume („Meine Seele ist stille in dir“).
Einsingen mit Körper, Atmung und Stimme steht am Anfang jedes Liederabends: Geburtstagskerzen auspusten, der berühmte Zug-Kanon (sch-s, pt, ffff, tüt), das Gleiten in die mit Schaum gefüllte Badewanne und ein wunderschönes Glissando zum Abschluss des Einsingens – wer möchte es je vermissen???
Norbert Becker stand bei den letzten Abenden am Anfang unserer Lieder: „Ein gutes Wort“, ein Kanon zum Weltjugendtag 2000 in Rom, stimmt die TeilnehmerInnen ein in das gemeinsame Singen. Oldies („In der Nacht“, „Ballade vom Samenkorn“, die Rückkehr“) werden immer wieder zwischen die neuen Lieder gestreut, um die Atmosphäre zu lockern bzw. zu entspannen.
Neue Geistliche Lieder von Alexander Bayer (Entzücklika), Klaus Simon (Würzburg), Clemens Bittlinger oder Reinhard Horn geben den Abenden ein besonderes Flair. Denn in unseren Liedern geht es nicht nur ums Singen, die Noten und eine gute Begleitung, sondern um unseren eigenen Glauben. Und manchmal wird so ein Lied zu einem vielstimmigen Gebet, das Dank, Bitte oder einfach Freude ausdrückt.
Auch wenn die Frage „Glaubst Du eigentlich an das, was Du da singst?“, erst einmal sehr persönlich klingt, scheint sie mir wichtig, um aus den Liedern wirklich auch das herauszuholen, was in Text und Melodie steckt.
Schließlich werden die Liedertankstellen auch zu Abenden der Begegnung untereinander; und das ist gut und auch so gewollt; so trifft sich jung und alt, progressiv und konservativ, kirchenfern und -nah, zweifelnd und erstarrt, …..und das ist alles auf einmal nicht mehr so wichtig! Und wenn am Ende eines solchen Sing-, Musizier- und Begegnungsabend jemand zu mir kommt und sagt: „Das hat richtig gut-getan!“, dann waren es gelungene 3 Stunden.

Dass wir noch viele solche gemeinsame Stunden erleben dürfen, wünsche ich uns von ganzem Herzen!