Night and Pray – von der Kirche in die Disko

14. Januar 2001

Motorradpfarrer Andreas Giehrl feiert in Großberg ungewöhnlichen Gottesdienst

Er sieht so gar nicht nach einem katholischen Pfarrer aus mit seinem Ohrstecker im linken Ohrläppchen. Gerne kommt er in schwarz-lederner Motorradkluft daher. So überrascht es auch nicht, wenn der Geistliche Andreas Giehrl manchmal Ideen ausbrütet, die für einen Pfarrer auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Auf seine Initiative hin hatten beispielsweise letztes Jahr im Mai über 3 000 echte Biker aus ganz Ostbayern den Regensburger Dom zum Ziel einer Motorradwalfahrt gemacht.

Im Alltag ist Giehrl Pfarrer der Regensburger Stadtrandgemeinden Hohengebraching, Oberisling und Großberg. Jetzt hat er eine neue Aktion geplant – nicht mit Motorradfahrern, sondern für Jugendliche, die mit Kirche, insbesondere mit Gottesdienst, nichts mehr anfangen können.

Nächsten Samstag Abend, am 20.Januar, heißt es um 21.30 Uhr in Großberg „Night and Pray – von der Kirche in die Disko“. Zur Vorbereitung dieses Events stellen sich Fragen, die bei normalen Sonntagsmessen keine Rolle spielen. Wer nämlich die Lichtanlage in die Kirche schafft oder ob es Nebelmaschinen gibt, die nach Weihrauch riechen. „Dieser Gottesdienst soll ein Forum für junge Leute sein“, sagt Giehrl. „Abseits der gewohnten Formen und zu einer Tageszeit, die dem Lebensrhythmus der Jugendlichen entspricht.“ Von der Kirche in die Disco eben.

Mitveranstalter sind die katholische Jugendstelle Regensburg Land und – für die Musik – der Verein Musica e Vita zusammen mit der Regensburger Kirchenmusikschule. „Die Musik soll zentrales Gestaltungselemet des Nachtgottesdienstes sein, ganz wie in der Disco“, verspricht der Pfarrer. Mit Musica e Vita hat er sich einen kompetenten Partner ins Boot geholt. Der Verein kümmere sich um moderne Töne in der Kirche, sagt der Vorsitzende Jürgen Zach. In Großberg soll laut werden vor dem Gottesdienst. „So wie andere vor der Messe Rosenkranz beten, werden wir halt zusammen Trommeln“, kündigt Zach an. Wer Lust hat, nimmt sich eine Trommel oder ein Percussion-Instrument und macht mit.

Das Thema des Gottesdienstes hat die Band „Pur“ geliefert. „Nie genug“ heißt einer ihrer Songs, in dem die Pur-Leute auf der einen Seite ihre Probleme mit der Amtskirche beschreiben, auf der anderen Seite aber von ihrer Sehnsucht nach Spirituellem, ja nach Gott singen.

Von der Disco in die Kirche, da kommt auch Pfarrer Giehrl nicht aus. „Ich hab den Jugendlichen in meiner Pfarrei versprochen, dass ich hinterher mitgehe.“ Mal sehen, ob der Pfarrer sein Wort hält.