Magazinarchiv: 2001

Drunter & Drüber: Chorsatz leichtgemacht

5. Und jetzt mit Pepp!


In den ersten Teilen des Workshops ‚drunter & drüber‘ haben wir eine einfache Methode entwickelt um harmonische Chorsätze zu schreiben, also Stimmen zu finden, die über und unter der Hauptstimme verlaufen. Wir haben uns mit Akkordfärbungen beschäftigt und haben damit das Werkzeug für interessante Chorsätze.
Jetzt wollen wir aber noch mehr ‚Pepp‘ reinbringen und schauen uns an, wie wir unsere Stimmführung weiter ausbauen können. Wir benützen dabei sogenannte ‚Chor-Effekte‘, also Stimmführungen, die unsere Hauptstimme ergänzen, umspielen, erweitern und so weiter. Schauen wir uns einige der Möglichkeiten an. Ich habe wieder den Anfang eines einfachen Liedes genommen.

Mit unserer Lineal-Methode schreiben wir einen einfachen Chorsatz dazu.

Ebenfalls aus den früheren Workshops übernehme ich Akkord-Färbungen und dabei ergibt sich folgender

Bei all den oben geschriebenen Chorsätzen habe ich folgendes Prinzip verwendet:
Jede Note der Hauptstimme wird ergänzt durch eine Note der ‚dr&dr‘-Stimme (drunter & drüber).
Jetzt wollen wir dieses Prinzip verlassen und zusätzliche Stimmen zur Hauptstimme suchen, die rhythmisch nichts (oder wenig) mit der Rhythmik der Hauptstimme zu tun haben.

Fläche
Wir begleiten unsere Hauptstimme mit einer Chorfläche, also lang ausgehaltenen Tönen aus der entsprechenden Harmonie. Dabei dürfen Töne der Hauptstimme mitverwendet werden. Wichtig hierbei ist, dass wenig Tonwechsel vorkommen und möglichst kleine Tonsprünge.
Hier mal einige Möglichkeiten, wobei ich immer zwei (oder drei) Töne aus dem zugrundeliegenden Akkord wähle (Harmonielehre siehe Teil 2)

Ich singe diese zusätzlichen Stimmen auf ‚uuuh‘ oder ‚ahhh‘, natürlich geht auch ‚mmmh‘ oder ’nnnh‘ oder summen oder alles mögliche, wenn es sich entsprechend gut anhört. Interessant sind Übergänge von ‚uuuuh‘ zu ‚aaaah‘, an Stellen, an denen ich eine besondere Betonung haben möchte.

Fläche und Dynamik
Diese Chorfläche wirkt besonders gut, wenn sie durch Dynamik (also laut und leise) verstärkt wird und entsprechend der Steigerung im Lied eingesetzt wird. Sanftes Beginnen, langsames Lauterwerden bis zum klaren frischen ‚aaaah‘, um danach wieder zum sanften ‚uuuuh‘ zurückzukommen das sind Gänsehaut-Augenblicke.

Fläche und Rhythmus
Natürlich kann ich mit dieser Fläche auch den Rhythmus des Liedes verstärken. Dabei wird die Fläche an manchen Stellen markant durchbrochen. Die entstehende Leere gibt zusätzliche Dramatik und Dynamik. Auch kurze percussive Töne erzeugen Dynamik und bauen Spannung auf oder machen das Lied poppiger, rhythmischer und leichter.

Rhythmus
Dass die Nebenstimmen Rhythmus machen, kann ich mir natürlich auch zunutze machen, wenn ich unsere Lineal-Methode anwende, dann aber die Noten nicht der zugrundeliegenden Hauptstimme anpasse, sondern dem Rhythmus.

Gegenstimmen
Wirklich chorisch wird es, wenn ich die Stimmen gegen die Hauptstimme führe, also den Effekt Vorsänger und Antwort-Chor erzeuge, wobei der Chor nicht einfach nur nachsingen muss, sondern eine eigene Stimmführung bekommt (eben unseren Chorsatz).

Gegenstimme und Rhytmus
Jetzt arbeite ich sogar so, dass ich die Stimmen, die gegen meine Hauptstimme laufen, nicht als Melodie-Stimme führe, sondern als Rhythmus-Stimme

Verstärkung
Etwas weniger extrem ist ein Chorsatz, der nur bei bestimmten Stellen einsetzt, die ich hervorheben möchte. Dabei dürfen diejenigen, die die Chorstimmen singen, in ihren Pausennicht die Hauptstimme mitsingen, da sonst der Effekt ‚wenig-viel‘ verloren geht.

Ostinato
Hier habe ich eine Stimmführung gewählt, die das Lied mit einer eigenständigen kurzen, sich wiederholenden Melodie- oder Rhythmik-Figur unterlegt. Meist wird dies mit einer Bassstimme gemacht, hier habe ich auch einmal ein ‚drüber-Ostinato‘ geschrieben.

Soweit für heute. Probiert die Ideen aus, es ist leichter als man denkt und es klingt besser, als man sich vorstellen kann. Im nächsten Teil zeige ich dann noch einige andere Möglichkeiten, wie man noch mehr Pepp in sein Arrangement bekommt. Viel Erfolg beim Üben.

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Links zu fortführenden MeV-Artikeln zum Thema: ‚drunter & drüber‘

Ausgabe 2/99:
Chorsatz leichtgemacht

Ausgabe 3/99:
Harmonie und Theorie

Ausgabe 1/00:
Grundtöne & Leittöne

Ausgabe 3/00:
Improvisieren

Ausgabe 1/01:
Und jetzt mit Pepp!

Ausgabe 3/01:
…und noch mehr Pepp!


Erscheinungs-Informationen

Autor: Gerhard Hany
Magazin-Ausgabe: Licht im Dunkel auf Seite 14

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