Magazinarchiv: 1997

Harmonisierung von Liedern von Klaudia Kormann

Tipps & Tricks


Geht es Euch auch schon mal so, dass Ihr bei einem Gottesdienst mit tollen NGL das Liedblatt mitgehen lasst und zu Hause dann feststellt, dass die Akkorde zu den Liedern fehlen? Oder Euch ist eine tolle Melodie eingefallen und Ihr wisst nicht, wie Ihr eine passende Begleitung (in Akkorden) dazu findet?

Im folgenden Text möchte ich Euch zu erklären versuchen, wie ich das mache…
Am Beispiel von C-Dur (später auch übertragbar in andere Dur-Tonarten) lernt Ihr Lieder und Melodien zu harmonisieren.

Wenn Euch spätestens jetzt einfällt, dass Ihr das schon könnt, oder Ihr beim Lesen des Textes nur Bahnhof versteht, dann wäre es nicht schlecht, wenn Ihr mir Rückmeldung gebt.

Also: Ausgangspunkt ist die Tonleiter der jeweiligen Tonart, in unserem Falle C-Dur: c d e f g a h c. Diese Töne werden ihrer Reihenfolge nach mit römi-schen Ziffern bezeichnet; d. h.: c d e f g a h c

Gesprochen wird dann auch von Stufen: Stufe eins, Stufe zwei, usw.. Auf jeder Stufe wird nun ein Dreiklang aufgebaut, d. h. es werden zwei Terzen darübergelegt. Eine Terz ist ein be-stimmter Tonabstand, nämlich der übernächste Ton. Dabei ist eine ganz wichtige Regel, dass nur Töne verwendet werden dürfen, die in dieser Tonleiter vorkommen (wichtig v.a. dann, wenn # und b dabei sind).

Aus c wird der Dreiklang c-e-g, d: d-f-a, e: e-g-h, f: f-a-c, g: g-h-d, a: a-c-e, h: h-d-f.

Dies ist v.a. für alle Tastenakrobaten wichtig, denn den meisten Gitarristen reicht ja die Akkordbezeichnung. Die Musiktheoretiker unter Euch wissen dann auch schon, welche Akkorde Dur und welche Moll sind. Das kann man nämlich an der Anzahl der Halbtöne der ersten Terz erkennen: Sind es fünf, dann ist es Dur, sind es vier, dann ist es Moll. Wer von Halbtönen keine Ahnung hat, sei getröstet, gleich wird nämlich sowieso klar, was Dur und Moll ist.

Die wichtigste Stufe ist Stufe I. Da wir uns in C-Dur befinden ist dies auch ein Durakkord. Er nennt sich Tonika. Dieser Akkord steht meistens am Anfang einer Melodie/eines Liedes und immer am Ende (bei Liedern mit Refrain und Strophe dort, wo man zuletzt singt, also am Ende des Refrains). Dies ist auch ein Tipp zum Erkennen der Tonart – der letzte Akkord bzw. der Schlußton zeigt sie Euch.

Der nächste wichtige Akkord sitzt auf Stufe V, der Quinte über c (Quinten – ein Abstand von 5 Tönen – sind in der Musik sehr wichtig). In unserem Fall ist das G – Dur. „Auf musiktheoretisch‘ auch Dominante genannt. Diese Stufe wird auch als Dominantseptakkord verwendet. D.h. der siebte Ton von g aus kommt dazu (das ist eine weitere Terz), also dann g-h-d-f, genannt G 7. Dieser Akkord wird gern als vorletzter verwendet, da er nach der Auflösung zur To-nika (C) strebt.
Mit diesen zwei Stufen könnt Ihr schon ein einfaches Kinderlied begleiten, z. B. Hänschen klein. Da die Quinte so wichtig ist, geht man diesen Abstand auch vom ersten Ton aus nach unten und findet so die Subdo-minante (Sub = unter), nämlich F. Sucht man jetzt in den Stufen, so ist das die STUFE IV, f-a-c.
I, IV und V sind die wichtigsten Stufen zur Liedbegleitung und alle in Dur.
Jetzt könnt Ihr so gut wie jedes Kinderlied begleiten und auch schon NGLs. Dabei den richtigen Akkord zu finden gibt es zwei Möglichkeiten, von denen ich immer beide gemeinsam verwende:

1. Ihr schaut in Eurer Melodie, welche Töne vorkommen, dabei sind die Töne auf den Taktschwerpunkten besonders wichtig. Und nun vergleicht Ihr, welche Akkorde diese Töne enthalten und verwendet diese (dabei noch an Regeln für ersten, vorletzten und letzten Takt denken).
2. Ihr spielt oder singt die Melodie und probiert die Akkorde
dazu aus und folgt dabei Eurem Gehör. Das sagt Euch, ob es passt oder nicht. Am Besten ist immer, beides zu berücksichtigen, denn nicht immer klingt die strenge Zuordnung von Ton und Akkord optimal.

Nun kann es sein, dass Euer Lied noch nicht so klingt, wie Ihr es Euch vorstellt, v.a. wenn es besinnliche, melancholische oder „traurige‘ Stellen hat, die auch in der Melodie zum Ausdruck kommen.

Dann braucht Ihr wahrscheinlich auch noch die Moll-akkorde aus Eurer Tonart. Jeder Durakkord (I,IV,V) hat seinen parallelen Mollakkord.
Den zu finden gibt es eine einfache Regel: vom ersten Ton des Durakkord geht man drei Schritte nach unten (der erste Ton wird immer mitgezählt!). So kommt man von c zu a (= VI.Stufe a-Moll), von f zu d (=II.Stufe d-Moll), von g zu e (III.Stufe-Moll).
Nun hat sich Euer Akkordangebot für Lieder und Melodien in C-Dur auf sechs Akkorde vergrößert. C (Dur), d (Moll), e (Moll), F (Dur), G (Dur), a (Moll). Mit dem Dominantsept-akkord (G7) sind es sogar sieben.
Nun liegt es an Euch mit die-sem Akkordangebot zu experimentieren.

Und ich sage Euch gleich: wenn es nicht gerade ein Kinderlied ist (sondern z. B. ein anspruchsvolles NGL), dann kann es mehrere verschiedene Lösungen für die Begleitung eines Liedes geben.
Für andere Dur-Tonarten braucht Ihr nun nur die oben genannten Stufen übertragen, und dann einfach von f, oder d, oder… zu zählen anfangen. Das System ist immer das Gleiche, Ihr müsst nur auf die tonarteige-nen Töne achten.

Vielleicht haben manche von Euch die VII. Stufe vermisst. Das ist eigentlich kein richtiger Akkord wie Moll oder Dur, da er zwei kleine Terzen hat. Genau heißt er h-5, ein verminderter h-Moll. Er strebt nach Auflösung zur Tonika und kann daher auch kurz vor Schluss verwen-det werden, aber ich muss zugeben, auf der Gitarre kann ich auf Anhieb keinen h-5. Allerdings ist er im Dominantseptakkord enthalten: Wenn Ihr vom G7 das g wegnehmt, dann bleibt nämlich h-d-f = h-5 übrig.

Wenn jetzt bei Euch nicht nur Bahnhof übriggeblieben ist, dann würde ich mich freuen.

Gerne dürft Ihr mir noch Euren „Senf dazu geben: was Ihr noch nicht verstanden habt, weiterführende Fragen, Kompliziertere Akkorde,….?

Vielleicht kann ich Euch weiterhelfen.
Klaudia Kormann