Magazinarchiv: 2002

Eine Sängerin packt aus

„Das andere Songfestival' mit quersumme in Schmidmühlen


Hallo, ich heiße Kathrin, bin jetzt seit sechs Jahren als Sängerin bei „quersumme‘ in Schmidmühlen und kann nicht behaupten, dass es dort jemals langweilig wäre.

Neben unseren Engagements zu Gottesdiensten und Hochzeiten spielen wir schon mal auf einem Schulfest oder an manch anderem wunderlichem Ort, doch den Höhepunkt bildet jedes Jahr unser großes Sommerkonzert: das „andere Songfestival‘ in Schmidmühlen; in diesem Jahr schon zum 5. Mal.

Hier ein kleiner Life-Mitschnitt aus der Hektik des diesjährigen Konzerts …

Schon ein halbes Jahr vorher fangen wir an, zu überlegen welche Stücke wir spielen wollen. Als wir drei Wochen vor dem Konzert anfangen, ernsthaft zu proben, wundert es eigentlich schon niemanden mehr, dass wir immer noch keine Ahnung haben, was wir spielen. Man muss nämlich wissen, dass sich quersumme auf diesem Konzert immer etwas von NGLs und Gospeln wegbewegt und sich Stücken aus Rock, Pop, Soul, Jazz etc. zuwendet.

Ich überblicke zwar nicht alles, was Hartmut (der Aussuch-Chef) da an Noten herbeigezerrt hat, aber wir beginnen eine Woche vorm Konzert tatsächlich ernsthaft zu proben. Um die Atmosphäre des Open-Air-Konzerts nachzuempfinden proben wir auch im Freien. Leider sind davon die Nachbarn in Schmidmühlen gar nicht begeistert, und so siedeln wir um nach Ettsdorf, ein kleiner „Ort‘ mit 3 Bauernhöfen. Dort wohnt Moni (Bass, Gesang), die uns gastfreundlich in ihrer Garage aufnimmt. Leider sind wir gezwungen, von der Garage in die Maschinenhalle, von der Maschinenhalle in den Holzschuppen und vom Holzschuppen wieder in die Maschinenhalle umzuziehen. Zwischen all dem Geschleppe der kompletten Anlage schaffen wir es doch, dass einige Stücke sogar Gestalt annehmen.

Die Gospels und NGLs haben wir ziemlich schnell drauf, denn diese Stücke kennen wir aus unseren Gottesdiensten. Nur „Sing out‘ sollte uns bis zum Schluss Schwierigkeiten machen. Derweil haben sich unsere Bläser Verstärkung geholt. Zugegeben, wir waren extrem skeptisch, ob sie dem allen gewachsen sind, doch Ende der Woche klingt alles schon richtig gut:
Hartmut (Posaune), Roland (Altsax, Klarinette), Stefan (Tenorsax, Klarinette, Trompete), Sebastian H. (Tenorsax), Sebastian (Tuba, Posaune), Markus (Trompete) und Daniel (Trompete) sehen schon fast wie Profis aus, wenn sie zwischen den Holzstößen oder den Maschinen stehen und den Kuhstall des Nachbarhofes mit flotten Jazznummern beschallen.

Auch im Lager der Sänger wird fleißig geübt: Andrea beschwert sich über zu wenig Zeit für die Ella Fitzgerald-Nummer, dabei hört es sich bei den Proben schon an, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Hartmut singt tapfer Westernhagen und verzweifelt beinahe am, seiner Meinung nach unsingbaren Text von Grönemeyers „Luxus‘. Unsere Moni probt souverän mit Ina (Keyboard) „… over the rainbow‘, und auch „Tuxedo Junction‘ macht uns allen keine Probleme mehr.
Nur mein Stück „Bist du bereit‘ von Jule Neigl, proben wir nur zweimal, da die dazu nötige verzerrte Gitarre fehlt. Erich, unser Gitarrist ist zwar immer da, doch Flo, der Spezialist für die härteren Klänge ist gestresster Student… Als mir die anderen versichern, dass es trotzdem nicht allzu schlimm klingt, bin
auch ich zufrieden. Roland zaubert außerdem noch ein Klezmer-Stück aus der Tasche, das zum Heulen schön ist.

Am Samstag, den 27. Juli bauen wir auf. Als ich kurz nach Mittag ankomme, traue ich meinen Augen kaum: vor mir türmen sich unüberschaubare Massen von Scheinwerfern, Kabeln und anderem Zeugs. Peter Ballach und sein Trupp installieren auf dem Schmidmühlener Marktplatz eine Lichtanlage, die den Rolling Stones würdig wäre. Außerdem lässt er es sich nicht nehmen, auch eines dieser Rauch produzierenden Geräte aufzustellen, das mich mit einer schlimmen Vorahnung erfüllt.

Zur Gestaltung des Gottesdienstes, der vor dem Konzert stattfinden wird, haben wir den Masithi-Chor aus Saal an der Donau eingeladen. Die Pünktlichkeit der Niederbayern ermöglicht es, dass wir noch schnell die Zugaben Hymn, We are the world und Sing out proben können.

Als Tom, der Tontechniker auftaucht, bekommt das ganze Chaos eine gewisse Ordnung, denn alles wird ganz systematisch verkabelt und jeder mit einem Mikrophon ausgestattet, ob er will oder nicht. Dabei wundere ich mich zum wiederholten Male wie viel Mikrophone Christophs Schlagzeug braucht und amüsiere mich über das Straußeneiförmige Mikrophon für die Tuba. Eines muss ich allerdings zugeben: nachdem alles steht, sieht die Bühne wirklich MEGA-professionell aus und wir haben alle das Gefühl, dass jetzt nichts mehr schief gehen kann.

Der Himmel ist wolkenlos, die Luft ist warm und duftet nach Tobias Hamburgern, als wir schick gekleidet auf der Bühne stehen. Rund 400 Gäste sind gekommen, um uns zu hören. Und – es scheint ihnen gefallen zu haben, denn bei der abschließenden Sammlung für den Hospiz-Verein in Amberg spenden sie reichlich.

Und nachdem unser Schlusslied „Peace to the world‘ von B.B. King verklungen ist und wir mit dem Aufräumen beginnen, sitzen immer noch Leute da.
Um ca. l Uhr „haben wir endlich fertig‘ mit Aufräumen und ich habe das Gefühl, dass ich keinen Schritt mehr gehen kann.

Doch irgendwie freue ich mich schon auf nächstes Jahr und den vielen Stress, denn die wahre Musikerseele weiß „There’s no business like showbusiness‘.

Kathrin Obermeier