Magazinarchiv: 1998

Musik und Leben!


Es ist gar nicht so leicht, sich mit dem Thema dieses Heftes -Pfingsten /Hl. Geist – zu beschäftigen; jedenfalls hab ich mir beim Schreiben dieses Artikels und bei den Vorüberlegungen dazu einigermaßen schwer getan.
Pfingsten? Da ist Ostern schon konkreter; hat es doch mit Leid, Tod, Auferstehung und Leben zu tun. Das kann man immerhin noch nachvollziehen. Aber Pfingsten? Oder, wie es so schön liturgisch formuliert heißt, Aussendung des Hl. Geistes? Außer wunderschöne Frühsommertage fällt mir da zunächst nichts ein.

Be-Geist-erung
Versuchen wir eine erste Annäherung ans Thema. Schauen wir als NGLer doch einfach mal nach, was uns dazu einfällt. Es gibt zwar nicht allzu viele NGL-Lieder zum Thema, aber es gibt sie. Wer kennt sie denn nicht, die „alten NGL-Schlager‘, und wer singt und spielt – wenn er ehrlich ist – bei diesen „Oldies‘ wie „Unser Leben sei ein Fest, Jesu Geist in unserer Mitte‘, „Du Herr gabst uns dein festes Wort, gib uns allen deinen Geist‘, „Atme in uns, Hl. Geist‘ nicht auch heute noch gern mit? Und bei der „Sache Jesu‘, die Begeisterte braucht, kann sich sowieso keiner (zumindest der Autor dieser Zeilen) mehr vor Begeisterung zurückhalten! All diese Lieder wollen also viel Freude, Lebensfreude, Begeisterung wecken. In der Kunst wird dies (das Pfingstereignis) durch Feuerzungen, die die Gabe des Hl. Geistes symbolisieren, darzustellen versucht. Lassen wir uns, wie es so treffend in einem anderen NGL heißt, anstecken mit der Flamme der Liebe, der Begeisterung!
Pfingsten – so könnte man sagen – hat (gerade bei uns NGLern) viel mit Be-Geist-erung zu tun!

Das pfingstliche Sprachwunder
Ein zweiter Weg der Annäherung: Betrachten wir doch einfach den biblischen Befund (in der Apostelgeschichte 2,1-13)! Nachdem alle die Feuerzungen spürten, von der Flamme der Liebe angesteckt und vom Geist erfüllt waren, ereignete sich das „unverständliche‘ Sprachwunder. Wir alle kennen eine solche Situation: Jeder redet für sich und vor sich hin, keiner hört zu, alle sprechen durcheinander. Nichts mehr ist zu verstehen. Man könnte wohl eher von Sprachver(w)irrung denn von Sprachwunder reden.

Musik…
Übersetzen wir es doch in die Sprache der Musik bzw. des NGL, und schon wird es leichter verständlich!
Stellen wir uns einen Kanon vor: Die verschiedenen Stimmgruppen singen – eigentlich auch durcheinander, jeder singt für sich; und doch ergibt erst der Zusammenklang der verschiedenen Gruppen diesen besonderen, kanontypischen Drive! Oder denken wir an mehrstimmig gesetzte (NGL-)Lieder!
Jeder singt in seiner Stimmlage (und jede Stimmlage singt womöglich einen anderen Text), und doch erst im gemeinsamen Aufeinanderhören und Zusammensingen ereignet sich dieser einzigartige Zusammenklang! Es ist dabei völlig klar, was gesungen wird, die „Message‘ kommt immer rüber (naja, richtig sollte man schon singen!). In Rhythmik und Harmonik der Musik (nicht nur im Text des Liedes) liegt ja die Botschaft! Oder hören wir einfach auf die „Begleitcombo‘ bzw. auf Instrumentalnummern:
Unisono spielt man nur sehr selten, vielleicht mal zum Intro, als Zwischenspiel oder als „Gag‘ zwischendurch. Sonst musiziert jedes Instrument seine ihm zugedachte, ihm eigene Rolle bzw. Stimme: Der Bass – mit Verlaub – ist halt nun mal das Fundament einer jeden Gruppierung;
für Fläche ist Keyboard oder auch Gitarre zuständig; Schlagzeug/Percussion für Rhythmus schadet (meistens) nie (Entschuldigung, ich bin kein Schlagzeuger), und dann braucht man zumindest noch ein führendes Melodieinstrument, am besten mehrere (Flöten, Saxophone, Trompeten, Geigen und und und). Biblisch gesprochen (Apg 2,8) spielt jeder in seiner „Muttersprache‘. Und gerade weil jeder seine Stimme spielt, kommt es wieder zu einem „wunderbaren‘ Zusammenklang, den erst die Musik ermöglicht!
Wo sonst als in der Musik ist es möglich, dass sich Individuelles, Verschiedenartiges zu einer Einheit, zu Harmonie vollendet? Ich glaube, damals – an Pfingsten – war die Sprache, die der Geist eingab, Musik.
Und heute ist es immer noch Musik, das NGL, in der sich Geistvolles, in der sich der Geist ausdrückt!

… und Leben
Eine dritte Annäherung. Nach dem eig. Pfingstereignis hielten alle, die gläubig geworden waren, zusammen und bildeten eine Gemeinschaft (Apg 2,37-47). Und das ist ja auch das gar nicht so Unwesentliche am gemeinsamen Musizieren: Das gemeinsame Kommunizieren in der Musik setzt sich ja fort in der Begegnung untereinander neben dem Singen und Spielen. Jeder von uns MeVlern hat nicht wenige Freunde gefunden bei gemeinsamen Veranstaltungen und beim gemeinsamen Musizieren. Musik, vor allem auch NGL ermöglicht persönliche Begegnung. Und derart tragfähige Beziehungen wiederum erwachsen zu Leben, zu lobenswertem Leben. Was das mit Pfingsten zu tun hat? Nicht mehr und nicht weniger als das genau das gemeint ist, wenn es theologisch gesprochen heißt, Begegnung (und Leben) ereigne sich im Hl. Geist.
Andersherum formuliert gilt es freilich auch: In allen NGL-Liedern geht es letztlich um die Sehnsucht nach Leben, um vom Geiste Jesu getragenes Leben. Es geht um uns, die wir erst im Geiste Jesu, im Hl. Geist zum Leben erwachen.

So gesehen – um auf das eingangs gestellte Problem zurückzukommen – könnte man vielleicht ein bißchen mehr mit diesem Fest „Pfingsten‘ anfangen, hat es doch eine ganze Menge mit dem NGL bzw. mit uns zu tun.

Wollte man nämlich Pfingsten „verdeutschen‘, so könnte man es übersetzen mit „Musik und Leben‘, nicht zufällig übrigens die „Rückübersetzung‘ unseres Vereinsnamens: „Musica e vita‘!