Magazinarchiv: 1998

Kloster Ensdorf – Zentrum für das Neue Geistliche Lied

Don Bosco Fest im Kloster Ensdorf, 1.2.1998


Musikalische Tradition des Klosters Ensdorf
Seit die Salesianer Don Boscos 1925 in das Kloster Ensdorf einzogen, praktizierten sie auch Musik – in jeder Richtung und in vielen Facetten.
So gibt es Bilder von Novizen auf dem Eggenberg in Wandervogelpose, ein kleines Kammerorchester beim Proben im Speisesaal, Discjockeys alter Schule am Grammophon oder Gitarreros in geselliger Runde.
Weit über die Grenzen des Landkreises Amberg-Sulzbach hinaus waren in den 70er Jahren der Don Bosco Chor und das Don Bosco Blasorchester bekannt. Durch ihre Musik brachten die Schüler, Lehrlinge und Männer unzähligen Menschen Freude.
Immer aber auch war es das Bestreben der Salesianer, die Geistliche Musik zu pflegen und zur Ehre Gottes einzusetzen.

Das Neue Geistliche Lied kommt in Mode
Als in den 60er Jahren Jazz-Messen, sogenannte „Rhythmische Gottesdienste‘, und ins Deutsche übersetzte Gospels in Mode kamen, ging diese Entwicklung an Ensdorf ein wenig vorbei.
Während sich vor allem in den Städten langsam eine eigenständige Kultur entwickelte, mit regelmäßigen Gottesdiensten, mit damit verbundenem In-Frage-gestellt-werden und mit immer mehr Zulauf hauptsächlich junger Christen, blieb die Provinz noch lange Zeit verschont.
Natürlich gab es schon mal die eine oder andere Landjugendgruppe oder auch Tanzband, die für eine „Rhythmus-Messe‘ angeheuert wurde, aber es war noch lange keine Szene und es waren immer auch Experimente. Erste Arbeitskreise und Verantwortliche wurden von Seiten der Diözesanverantwortlichen beauftragt, sich dieser neuen Art der Kirchenmusik anzunehmen.
Und doch kämpft das Neue Geistliche Lied noch heute um einen Stellenwert in einem Graubereich zwischen Kirchenmusik und Jugendarbeit. Es begann eine Entwicklung, die es mit sich brachte, dass eine Unmenge von „Neuen Geistlichen Lieder‘ – wie sie nun genannt wurden – auf den Markt geworfen wurde.
Eine Liedersammlung nach der anderen wurde, meist im Eigenverlag, herausgegeben und damit einher ging eine Reihe von Gruppen – Neugründungen.

Das Neue Geistliche Lied in der Salesianischen Jugendpastoral
Aus dem Jahr 1969 datiert eine Liedersammlung des Aktionszentrums der Salesianer in Benediktbeuern, die belegt, dass auch bei den Salesianern schon ziemlich früh der Wert der Neuen Geistlichen Lieder für die jugendpastorale Arbeit erkannt wurde. Das lag nicht nur daran, dass das Noviziat von Ensdorf nach Norddeutschland verlagert wurde, wo in Köln mit dem AK SINGELS die NGL-Fachleute schlechthin tätig waren, sondern auch daran, dass die Salesianer schon damals am Puls der Zeit und der Jugend gearbeitet haben.
Diese Sammlung schlägt auch den Bogen zurück nach Ensdorf. Denn zusammengestellt wurde sie vom späteren Leiter des Hauses der Begegnung P. Johannes Schreml. Und auf Seite 44 finden wir das Lied „Die Sache Jesu braucht Begeisterte‘ von Peter Janssens. Dieses Lied ist also auch bereits 30 Jahre alt. Als P. Johannes 1984 nach Ensdorf kam, war seine Aufgabe sicherlich nicht die, das Neue Geistliche Lied in der Oberpfalz heimisch zu machen. Aber wer ihn als passionierten Musiker kennt, weiß, dass es sich auch nicht vermeiden ließ.
So gab es in Ensdorf also parallel die traditionell geistliche Musik und die Neuen Geistlichen Lieder.

Musica e Vita
1986 wurde auch in Rom dieser Entwicklung Rechnung getragen. Es wurde eine Vereinigung gegründet, die diese neue Musik und das Leben miteinander verbinden wollte: sie nannte sich Musica e Vita.
Ich selbst lernte Musica e Vita 1986 bei einem Wettbewerb in Österreich kennen. Dort gab es Liedermacher, Gruppen und andere Interessierte, die sich zusammengeschlossen hatten, um diese Musik weiter zu bringen. Von da an ließ mich der Gedanke, eine solche Vereinigung auch in Deutschland ins Leben zu rufen, nicht mehr los.
Und so veranstaltete 1988 das Don Bosco Zentrum Regensburg, es waren wieder Salesianer, einen eigenen Song-Wettbewerb für Neue Geistliche Lieder, an dem über 40 Interpreten und Gruppen teilnahmen.

Workshops und Konzerte
Im Herbst 1990 trafen sich einige Engagierte, um das erste Weihnachtssingen ins Leben zu rufen; daraus entstand das „andere Adventssingen‘, das mittlerweile zu einer bayernweit festen Einrichtung und Veranstaltungsreihe geworden ist.
Der erste Workshop datiert vom November 1991 und wurde bereits als Projekt zusammen mit offiziellen Stellen der katholischen Kirchenmusik, dem Diözesanreferat für Kirchenmusik und der Kirchenmusikschule Regensburg, veranstaltet.
Danach erweiterten sich die Themen und auch die Häufigkeit der Workshops. Die Finanzierung erfolgte fast ausschließlich über jeweils private Vorauskasse. Die Teilnehmergebühren brachten gerade mal so viel Einnahmen, dass die Unkosten komplett gedeckt werden konnten.
Ab 1992 erschienen auch die Vorgänger des heutigen MeV-Magazins, die Informationen an Interessierte weitergaben und Werbung für die Sache machen sollten.

Vereinsgründung
1994 war die Finanzierung über private Vorkasse nicht mehr möglich, weil enorme Portokosten entstanden.
Ein anderer Finanzierungsweg musste gefunden werden. Und so erfolgte im Oktober 1994 die Gründung von MeV als eingetragener Verein mit einer eigenen Satzung, Vorstandschaft und mittlerweile, wie ich meine, sehenswerten Erfolgen.
Der Sitz dieses Vereins sollte das Kloster Ensdorf werden. Die ehrenamtliche Arbeit der Vereinsmitglieder zur Förderung des Neuen Geistlichen Lieds trägt Früchte. So besuchen immer mehr Teilnehmer die Fortbildungsangebote, es gibt Kontaktstellen in Niederbayern und Schwaben und auch der Mitgliederstand hat inzwischen die 100 überschritten.
Bundesweit wird die Initiative von MeV sehr interessiert verfolgt und der neueste Stand ist: in Württemberg gibt es seit Anfang diesen Jahres eine weitere Kontaktstelle und zwar im Kloster Obermarchtal.

Haus der Begegnung und NGL
Aber zurück zum Kloster Ensdorf…
Das Haus der Begegnung ist ein Bildungshaus, das vorwiegend in derJugendpastoral tätig ist. Die Erfahrung zeigt, dass das Medium Musik bei Jugendlichen eine hohe Akzeptanz und eine fast dauernde Präsenz im Alltag besitzt.
Bei liturgischen Feiern, Gruppenabenden und offenen Singen werden seit Jahren im Haus der Begegnung fast ausschließlich Neue Geistliche Lieder verwendet. Das liegt daran, dass in den Heimatpfarreien das Neue Geistliche Lied immer mehr Einzug hält, sicher aber auch daran, dass im Haus der Begegnung Neue Geistliche Lieder einen hohen Stellenwert haben, weil sie näher am Musikgeschmack der jungen Menschen dran sind.

NGL-Jugendmusik?
Der Wunsch, über Musik christliche Inhalte zu vermitteln, verlangt von ihr, dass sie auch die Musik ist, die bei den Zielgruppen gehört wird bzw. von ihnen gespielt und gesungen werden kann.
Neue Geistliche Lieder kommen diesem Bedürfnis von allen Bereichen der Kirchenmusik am nächsten.
Das Problem des Neuen Geistlichen Lieds ist im Moment allerdings generell: es ist nicht mehr unbedingt die Musik der Jugendlichen, sondern eher der 25 bis 50 jährigen.
An diesem Problem arbeiten auch kirchliche Jugendstellen, was dann wiederum Blüten treibt in den Versuchen von Techno-Parties oder sogenannten House-Messen.

Aktuelles
Auch das Haus der Begegnung ist in Zusammenarbeit mit Musica e Vita weiterhin am Ball:
So fand nicht von ungefähr die diesjährige Bundestagung Neues Geistliches Lied von 27. Februar bis l. März im Haus der Begegnung statt. Die von der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz veranstaltete Tagung befasste sich heuer mit dem Thema „NGL für Kinder – NGL mit Kindern‘. Für 1998 sind verschiedene Konzerte und Workshops geplant, die weit über die Region um Ensdorf hinausgehen. Die Inhalte richten sich nach den Bedürfnissen der Musikschaffenden: das geht von liturgisch sauberer Liedauswahl, über Instrumental- und Gesangskurse bis hin zum richtigen Umgang mit Verstärkeranlagen in Kirchen. Oft nachgefragt werden auch neue gute Lieder. Dank der finanziellen Unterstützung durch die Diözese Regensburg konnten von Haus der Begegnung auch Musikinstrumente angeschafft werde, die den verschiedenen Gruppen für ihre musikalischen Aktivitäten zur Verfügung gestellt werden.
Dafür gebührt besonders Herrn Weihbischof Schraml unser Dank!

Resumee „Ein Haus ohne Musik, ist wie ein Körper ohne Seele.“
Vielen ist sicherlich diese Aussage Don Boscos bekannt. Wenn die Salesianer in Ensdorf dann sich auch noch eine andere Aussage ihres Gründers zu Herzen nehmen, nämlich: „Lieben, was die Jugend liebt‘, dann heißt es heute auch: Die Musik pflegen, die die Jugend liebt.
Wer die aktuelle Jugendmusik kennt und versucht, sie mit christlichen Inhalten zu verbinden, der hat sich eine nicht ganz leichte Aufgabe gestellt.
„Aber – dazu sind wir im Haus der Begegnung, als einem Zentrum für Neues Geistliches Lied in der Oberpfalz, schließlich da. Das wird von uns erwartet und dieser Herausforderung stellen wir uns auch in Zukunft!‘

(nach der Rede von Jürgen Zach beim Don Bosco Fest 1998)