Pecunia non olet* - oder doch?

Es ist doch oft - eigentlich immer - das gleiche leidige Problem:
Es mangelt an Geld. Auch und gerade für Projekte im NGL-Bereich.

Kirchliche Förderungen minimal
Von offizieller - kirchlicher -Seite, dem ersten, unmittelbaren Ansprechpartner, kommt meistens eher wenig finanzielle Unterstützung. Als Fortschritt kann ja schon bezeichnet werden, dass man als NGL-Musiker/Band nur noch von eher wenigen Offiziellen ungern bei kirchlichen Anlässen gesehen und unfreundlich empfangen wird. Und die laufende Bandarbeit macht man ja sowieso aus Spaß an der Freud und viel Enthusiasmus...(Auchhier wäre ab und zu ein kleines finanzielles Dankeschön gar nicht so unangebracht.) Größere Projekte freilich, - ich denke z.B. an Gestaltung und Einstudierung von Jugendkreuzwegen, Workshops, Teilnahme an Singkreiswochenenden, Vorbereitung von besonderen Gottesdiensten, ... - kosten Geld. Mit den Kosten für Referenten, Verpflegung, Unterkunft, Materialien sind gleich ein paar Hunderter weg. Und leider übernimmt diese nicht immer die Pfarrei.

Öffentliche „Sponsoren'
Also: aus eigener Tasche finanzieren (geht meistens nicht) oder andere Geldquellen suchen! Und eigentlich wollte ich an dieser Stelle auf diese anderen Finanzquellen (öffentliche Zuschüsse vom Bayerischen Jugendring, von den Bezirksjugendringen und Kreisjugendringen, von BDKJ und Städten etc.) hinweisen und das Vorgehen erläutern, wie man an diese Töpfe kommt. Darüber, dachte ich, könnte ich schreiben und Tipps aussprechen, denn bisher hat es bei meinen Anträgen mit der Bezuschussung immer funktioniert. Bis auf meinen letzten Antrag. Der wurde abgelehnt.
Mir fehlt also die empirische Verifikation für den ursprünglich geplanten Artikel, was mich freilich nicht hindern soll, die Problematik, um die nicht wenig gestritten wurde, anzureißen.

Projekt „Ostertage-
Wie in den Vorjahren haben wir (MeV-Regionalstelle Nieder-bayern) in Pfarrkirchen gemeinsam mit der Pfarrjugend die Ostertage gestaltet:
Neben dem schon Tradition gewordenen Jugendkreuzweg stand heuer eine Nacht der Begegnung (von Karfreitag auf Karsamstag) und der Ostermontags Jugendgottesdienst auf dem Programm. Natürlich wurden die einzelnen Programmpunkte nicht einfach präsentiert und zur passiven Kenntnisnahme für die Jugendlichen dargeboten. Die ganzen Tage wurden von den engagierten Jugendlichen (unter (An-) Leitung) selbst konzeptioniert, vorbereitet, ausgearbeitet, gestaltet und aufgeführt. Was dabei an Arbeit, Engagement, Begeisterung und Zeitaufwand dahintersteckt, braucht hier nicht näher beschrieben zu werden, die meistens Leser kennen die bzw. kommen aus der Szene.
Was wurde konkret gemacht? Der diesjährige Jugendkreuzweg war an zwei Workshoptagen einstudiert worden: alle Lieder mehrstimmig mit instrumenteller Begleitung, dazu die Gestaltung des Kreuzweges, Werbe- und Öffentlichkeitsarbeit,...
Für den Ostermontagsjugendgottesdienst wurden die ausgewählten Lieder an zwei „Halbtagen' (=Antragsdeutsch) mit den Sängerinnen einstudiert und mit der Band arrangiert, derweil die anderen teilnehmenden Jugendlichen das Konzept für die Nacht der Begegnung und den Gottes-dienst erarbeiteten. Kreuzweg und Jugendgottesdienst am Ostermontag boten so „nur' (im Rahmen dieser Tage) die einmalige Gelegenheit, das Selbster-arbeitete vor einem großen Publikum aufzuführen bzw. zu präsentieren. (Dies wird noch wichtig sein!)

Antragsverfahren und...
Nach erfolgreichem Abschluss der Projekte jedenfalls mussten nur noch die leidigen Finanzierungsprobleme gelöst werden. Ein Haufen bürokratischer Arbeit! Der Kreuzweg wurde als projektbezogener Workshop im Rahmen von Mitarbeiterbildungstagen beim Bayerischen Jugendring beantragt, die beiden anderen Projekte als projektbezogener Workshop im Rahmen von Jugendbildungstagen beim Kreisjugendring Rottal-Inn.

... Irritationen...
Und jetzt das Tolle:
Während der Kreuzweg-Workshop vom Bayrischen Jugendring ohne Probleme in voller Höhe für bezuschussungswürdig befunden wurde, ist der Zuschussantrag für Jugendbildungstage vom Kreisjugendring (Rottal-Inn) abgelehnt worden.
Offizielle Begründung: steht nach drei Monaten nach Ablehnung des Antrags noch aus; inoffizielle, telefonisch erhaltene Begründung: 'Die von der Pfarrjugend Pfarrkirchen veranstalteten Jugendbildungstage seien keine Maßnahme im Sinne der Jugendbildung gewesen. Die Konzeptionierung, Vorbereitung und Durchführung der Nacht der Begegnung und des Jugendgottesdienstes seien eine rein religiöse Veranstaltung gewesen, der der Charakter einer Bildungmaßnahme nicht zuerkannt wurde.'
Pikanterweise wurden praktisch die gleichen Workshops in den Vorjahren unterstützt.
Es wäre nicht weiter schlimm, wenn hier nur ein x-beliebiger Antrag aus plausiblen Gründen abgelehnt worden wäre. Da aber die Begründung der Ablehnung eine grundlegende Fragestellung, ob nämlich generell Workshops im weiten Feld des religiö-sen Umfeldes, auch im NGL-Bereich, Maßnahmen der (Jugend-) Bildung sind, aufwirft, sei hier eine kurze Auseinandersetzung gestattet.

Wann ist religiöse Bildung Jugendbildung
Den Zuschussrichtlinien des Kreisjugendringes (Rottal-lnn) ist zu entnehmen: die Förderung von Jugendbildungsmaßnahmen solle jungen Menschen eine Hilfe zur freien Entfaltung der Persönlichkeit, ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse geben und sie... zur Mitverantwortung in der Gesellschaft befähigen.

Hierzu ist anzumerken: Gerade mit der Nacht der Begegnung war ein Rahmen geboten, der es den Jugendlichen erlaubte, sich selbst in der Begegnung mit anderen zu erfahren, in der Auseinandersetzung mit Leben und Tod in neue Dimensionen der eigenen Person vorzudringen, und -angeregt durch die christliche Osterbotschaft von Tod und Auferstehung - neue Sinnhorizonte für ihr Leben zu entdecken. Trägt dies nicht zur freien Entfaltung und Reifung der Persönlichkeit bei?
Ein wichtiges Element der Tage war freilich die Vorbereitung und Gestaltung des Jugendgottesdienstes am Ostermontag. Zunächst sicher etwas Religiöses. Nur: Wo bietet sich sonst (für Nachwuchsmusiker) die Möglichkeit, nach kurzer Probenzeit bereits vor einem größeren Publikum aufzutreten, bzw. Eigen-Konzipiertes und Erdachtes zu präsentieren?
Und Auftreten-, Sich-Präsentieren-Können (sei es mit Spielen, Singen, Musizieren, sei es durch Vorlesen und Sprechen) ist ja als ein nicht unwesentliches Moment zu kennzeichnen, um Mitverantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen!
Freilich klingt das Programm der Tage nicht sehr nach theoretischer Vermittlung von (irgendwelchen) Bildungsgegenständen.
Nur: Entspricht nicht gerade die aktive Beteiligung von Jugendlichen an der Erarbeitung der Projekte und praxisbezogene Vermittlung (u.a. durch Auftreten vor Publikum) einer jugendgemäßen, pädagogisch angezeigten Erarbeitungsmethode?

Der Stellenwert musischer Bildung
Man kann sicherlich auch fragen, ob Singen und Musizieren unter den Bereich Bildung und Entwicklung der Persönlichkeit einzustufen ist. Hier sei ein Vergleich mit dem kulturellen Angebot der Schulen gestattet:
Was wäre eine Schule ohne Theateraufführungen, Weihnachtssingen, Musikspiele und Konzerte? Und dass jede Aufführung Proben und langes Einstudieren (!) voraussetzt, muss nicht betont werden. Den Schulen aber wird man wohl nicht den Bildungscharakter absprechen wollen! Gleiches Recht nun nehme ich auch für den außerschulischen Jugendbildungsbereich in Anspruch.

Religion - ein soziokultureller Aspekt
Sind nun religiöse Maßnahmen von der Förderung ausgeschlossen?
Dazu heißt es in den Förderrichtlinien des Kreisjugendringes: Gefördert werden Maßnahmen in der außerschulischen Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung.
Dazu nur soviel: Wenn der religiöse Kontext zwar nicht ausdrücklich genannt ist, so ist doch von einem expliziten Ausschluß nichts zu finden. Ganz klar fällt er unter den Anspruch allgemeiner, kultureller und sozialer Bildung - den sozialen
Aspekt von Workshops oder gemeinsam verbrachten Jugendtagen hervorzuheben, ist wohl völlig überflüssig! Bildung als der Versuch, den Menschen zum Menschen zu begaben, soll die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit zum Ziel haben. Als gebildet wird bezeichnet (ich entleihe diese Begriffsbestimmung dem kleinen pädagogischen Wörterbuch von Keller/Novak), 'wer sich frei entscheiden kann, über sich selbst verfügen kann, wem die Erfahrung über die Grundverhältnisse in der Welt eigen ist, wer Beziehungen herstellen kann, Teile zu einem ganzen zusammenfügen kann, über grundsätzliche Fragen, wie über Sinn und Zweck des Lebens, über den Tod, das Transzendentale nachdenken kann.' Müßig zu formulieren, dass genau dies an den Jugendbildungstagen der Pfarrjugend an Ostern dieses Jahres versucht wurde zu vermitteln.

NGL-Finanzierung weiter offen
Religiöse Bildung und damit immer auch Arbeit mit NGL lässt sich nicht so einfach von allgemeiner Bildung ausschließen. Und leider ist auch festzustellen, dass der Kreisjugendring Rottal-lnn seine eigenen Richtlinien nicht kennt und sie nicht beachtet; es ist kein Grund ersichtlich, warum er den Zuschussantrag sonst hätte ablehnen sollen.
Vielmehr ist dem Bayrischen Jugendring zuzustimmen und zu danken, wenn er die Arbeit, die im Zusammenhang mit NGL geleistet wird, zu respektieren und zu unterstützen weiß.


Wer Fragen bzgl der Vorgehenswelse bei Zuschussanträgen hat, Tipps weiß oder Kritik anzubringen hat:

Bitte einfach an die MeV-Mag-Redaktion schreiben: Leserbriefe sind immer erwünscht!

Oder wendet euch direkt an den Autor:
Johannes Erbertseder; Röntgenstr. 8, 84347 Pfarrkirchen

Autor und Erscheinungsinformationen

Johannes Erbertseder
Erschienen im MeV-Magazin 3/1997 auf Seite .

Sofern nicht anders vermerkt: © Musica e Vita e.V.
zur Übersicht der Ausgabe 3/1997