Die unerträgliche Leichtigkeit des Organisierens

oder: Aus dem Tagebuch eines doch nicht verzweifelnden NGLers

Dienstag
Der Hochzeit am Samstag kann ich gelassen entgegenschauen, hab ich doch - entgegen meiner Art - sechs Wochen vor dem Termin allen Musikern und Sängerinnen bescheid gegeben und von allen Zusagen erhalten! - Na ja, ich frag doch noch lieber mal nach ...

Mittwoch
In der Pause im Gymnasium: alle Sängerinnen (K12) sagen ab. Ach, wir fahren ganz überraschend Samstag Früh nach Barcelona bzw. Rom, Abiturfahrt! Hätten sie ja vor sechs Wochen auch wissen können. Macht nichts, singt halt Posaune und Schlagzeug. Gibt halt kein so schönes Bild.

Donnerstag
Erfahre, dass die singende Posaune in der Nacht einen Motorradunfall gehabt hat. Liegt mit Loch im Bein im Krankenhaus. Wird wohl nicht kommen können. Erste Panikattacken.

Donnerstag Abend:
Anruf beim Keyboarder. Oh, er hat da leider zeitgleich mit 'nem Kumpel einen Auftritt am Seniorennachmittag im Volksfest. Gibt konventionalstrafe. Geht doch auch ohne Keyboard?
Panik bricht aus: Ohne Gesang, ohne Keyboard, ohne S-loinstrument! Nur Schlagzeug, Bass und Gitarre. Wird 'ne tolle Hochzeit werden.
Peinlich.
Häng mich also ans Telefon und ruf so ungefähr alle Musiker aus der deutschen, na ja Pfarrkirchner Szene an: Tut mir leid, keine Zeit. Hab niemanden, der mir auf die Kinder aufpaßt. Spiel auf keiner Hochzeit mehr. Fahre fort. Bin nicht da. Ziehe um. Spiel schon wo anders....
Bin zu verzweifelt, um durchzudrehen.

Freitag:
Was schief gehen kann, ging schon schief. Also: Nur cool bleiben. Besuch doch 'mal den Posaunisten im Krankenhaus. Traue meinen Ohren nicht: er nimmt sich ab Samstag Mittag bis Abend Urlaub vom Krankenhaus! Super. Wird ja doch noch 'was mit der Hochzeit morgen! Gesang und Soloinstrument sind dabei. Jetzt brauchten wir nur noch ein Keyboard als Fundament und Fläche, und der Gitarrist könnte sogar noch trompeten!
Der rettende Einfall: Nachbars-Kind, besser: junge Dame spielt ja super Klavier (und singt im Jugendchor und sonst über-all mit)! Eigentlich sollte ich sie schnell fragen, ob sie nicht mitspielen mag. Leider hat sie kein Keyboard, und überhaupt hat sie noch nie Keyboard bzw. auf dem Keyboard NGL gespielt. Aber mitspielen will sie schon! Toll. Schnell noch ein Keyboard organisieren. Einstweilen gebe ich ihr die Lieder und das letzte MeV-Info mit dem Tasten-Workshop und versuch ihr so das Wichtigste zu zeigen. Probe und Anspielen dann eine Stunde vor der Hochzeit.

Samstag:
Alles aufgebaut. Mit dem Einspielen wird es ein wenig knapp. Geht schon noch. Wir spielen alle Lieder schnell mal an. Oh, die Gäste kommen schon.

Hochzeit:
Alles läuft bestens: Gesang, Solos und Intros und Extros. Posaune hält mit schmerzverzerrter Miene durch, belastet nur einmal seinen durchlöcherten Fuß etwas zu stark...
Am genialsten: Kathrin spielt super: das erste Mal auf einem völlig fremden Keyboard, nur ein paar Minuten die Lieder angespielt, so als war' sie ein alter NGL-Keyboard-Profi! Toll.
Gelungene Hochzeit! Hat Spaß gemacht.

Quintessenz:
1.) Die Workshops im MeV-Info bzw. -Mag sind ganz brauchbar! Weiter so!

2.) Aufgrund lauer Einstellung bei vereinzelten Musikern sollte man 'mal überlegen, ob nicht auch für NGL Konventionalstrafen eingeführt werden müssten. So kann man nicht arbeiten! Disziplin! Disziplin! Disziplin! (Punkt 2 ist nicht ganz so ernst gemeint!)

3.) Bei so viel Engagement und Begeisterung (von Nachwuchsmusikern) macht es richtig Spaß, weiterhin selber zu musizieren und für NGL und MeV aktiv zu sein!


Autor und Erscheinungsinformationen

Johannes Erbertseder
Erschienen im MeV-Magazin 3/1997 auf Seite .

Sofern nicht anders vermerkt: © Musica e Vita e.V.
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