Stimme 1 - Vokaltraining

Unsere Aussprache ist das Ausströmen der Atemluft. Dieses Ausströmen wird mehr oder weniger gehindert durch das Verschließen der Stimmfaltenmuskeln. So entsteht eine Luftsäule, die bestimmte Resonanzräume zum Klingen anregt und so Töne erzeugt. Durch die Stellung von Lippen, Gaumen, Zunge und Unterkiefer werden aus diesen Ur-Lauten erkennbare Laute (Vokale und Konsonanten). Da die Aussprache besonders beim Singen auf den Vokalen (und den Halbvokalen, siehe unten) beruht (hier klingt die Stimme) und nur durch die Konsonanten abgeändert und gefärbt wird, kommt dem Vokaltraining eine wesentliche Rolle zu. Hierbei werden auch die Resonanzräume erschlossen und gelockert, sodaß diese Übungen hervorragend zum ‘Einsprechen und -singen’ geeignet sind.
ILIED - SIEB - IDA - IBISI wird im Mund vorne erzeugt, Resonanzräume hinten weit, nicht zum E hin klingenIch ekele mich 'Ih, Pfui!'
E - geschlossenBETT - FETT --- ENTE - ERNTEoffenes E, mehr zum I hin, fast Ä, mehr MundresonanzraumIch ekele mich 'Äh, Pfui!'
E - offenBEET - SEELE - EVA - EMILgeschlossenes E, breite Resonanz in der Stirn, breite hintere ResonanzräumeIch grüße 'He, Du!'
ASAAT - BAD --- AMEN - AHNUNGMund 'natürlich' weit offen, nicht pressenIch fühle mich sehr wohl 'Aaah, das war gut!'
O - geschlossenGOTT - DORT --- OFFEN - OSToffenes O, mehr dem 'A' entgegenkommendIch wehre zudringliche Person ab 'O - oh!'
O - offenNOT - TOD --- OHNE - OFFENgeschlossenes O, Gaumen und Zunge locker, Mundinnenraum geweitetIch bin sehr erstaunt 'Oooh!'
UGUT - MUTU länger halten, volltönend, Resonanz von der Körpermitte bis zur StirnIch erschrecke jemanden mit 'Uuu!', höher beginnend, nach unten ziehen
Ö - geschlossenNÖTE - TÖNE --- ÖSE - ÖLgeschlossenes Ö, mehr zum O tendierend
Ö - offenLÖFFEL - BLÖCKE --- ÖSTLICH - ÖFTERoffenes Ö, mehr zum A tendierend
ÜSÜDEN - DÜNE --- ÜBEL - ÜBERÜ klingt zwischen U und I, Resonanzraum zwischen Stirn und Körpermitte
ÄNÄGEL - SÄGEwie offenes E, nicht plärren, erarbeiten vom E nicht vom A
ZwielauteEI oder AI: sprechen wie A und E, Betonung auf AAU: sprechen wie A und O, Betonung auf AEU oder ÄU: sprechen wie O und Ö, Betonung auf O (offen!)
Im zweiten Teil sind die Klinger (sogenannte Halbvokale wie z.B. 'l' oder 'm' etc.) dran. Bis dahin viel üben. Achtet bitte immer darauf, was Zunge, Gaumen, Lippen und Kiefer machen. Nur wer weiß, was beim Sprechen passiert, kann gezielt üben. Ciao.

Einige Literaturtips:
Hofbauer, Kurt: Praxis der chorischen Stimmbildung, Schott, Mainz 1978.
Layer, Wolfgang: Singen in Chor, Singgruppe und Solo, Falken, Niedernhausen 1994.
Martienßen-Lohmann, Franziska: Ausbildung der Gesangsstimme, Erdmann, Wiesbaden 1957.
Riesch, Anneliese: Lebendige Stimme, Stimmbildung für Sprache und Gesang, Schott, Mainz 1972.

Autor und Erscheinungsinformationen

Gerhard Hany
Erschienen im MeV-Magazin 3/1995 auf Seite 12.

Sofern nicht anders vermerkt: © Musica e Vita e.V.
zur Übersicht der Ausgabe 3/1995