Magazinarchiv: 1999

Der Frohsinn der Frohbotschaft

Anlaufstelle für Leute, die gerne singen

Als ‚Anlaufstelle für Leute, die gerne in der Kirche singen‘, stellte sich das Ensemble Entzücklika in der Obermarchtaler Dorfkirche vor. Die vier Musiker wollen monatlich eine Art Fortbildung in Sachen neues Geistliches Liedgut anbieten. Die ‚Liedertankstelle‘ genannte Singstunde fand gute Resonanz.
OBERMARCHTAL: Die Doppelstunde ‚Kirchengesang der anderen Art‘ begann für die 150 Kirchenbesucher locker und humorvoll. Die Musiker am Mikrophon machten Auflockerungsübungen für die Stimmen und Gemüter. ‚Und jetzt fahren sie mit ihrem Auto in die Arbeit brrrmmm, und jetzt haben sie keinen Sprit mehr blub, blub‘, gab Bernhard Lämmle die lautmalerische Anweisung. Die Kirchenbesucher saßen in den Kirchenbänken, hatten ein imaginäres Lenkrad in der Hand und fuhren mit heulendem Motor brrrmmm um die nächste Ecke. Die Auflockerungsübung verfehlte ihre Wirkung nicht. Mit einem Lächeln im Gesicht waren die Kirchenbesucher gespannt, was bei der ‚Liedertankstelle noch alles kommen könnte. Der überwiegende Teil der Tankstellen-Besucher kannte das Ensemble Entzücklika bereits von früheren Auftritten. Die drei Theologen, die mit kirchlichen Singspielen in der Region schon mehrere Auftritte bestritten, haben sich eine treue Fangemeinde erarbeitet. Meist sind es Leute, die in einer Kirchgemeinde aktiv sind, und die auch regelmäßig in die Kirche gehen, denen aber die normalen Gottesdienste zu fad und zu langweilig sind. Das Ensemble Entzücklika versucht, mit frechen, spritzigen Liedern den eingeschlafenen Gemeindegesang zumindest ansatzweise wieder etwas Lebendigkeit einzuhauchen.

Heilbringende Aspekte

Dabei sind die drei Theologen durchaus als kirchennah zu bezeichnen. … Entzücklika beschränkt sich auf die heilbringenden Aspekte der Kirche. Die drei Theologen und die Sängerin Simone Keicher verkünden auf ihre Art die Frohbotschaft, sprich das Evangelium: Sie erzählen von Jesus Christus und wollen, daß der Funke der Begeisterung für das Evangelium auch in den Gemeindegesängen spürbar ist.
‚Jetzt stellen Sie sich vor, wie es am Anfang der Jesusbewegung war. Ganz neidisch könnte man nach Amerika und auf die Gospelgottesdienste schauen‘, meinte Moderator und Songschreiber Alexander Bayer. Aber leider läßt sich Amerika nicht mit Europa vergleichen. Der ’normale‘ deutsche Kirchgänger zieht die Gotteslob-Lieder wie Kaugummi in die Länge und kennt außer dem Sitzen, Knien und Stehen keine andere Bewegung im Gottesdienst.

Enzücklika will jedoch ’nicht zuletzt auch aus gesundheitspolitischen Gründen‘ mehr Bewegung in die Kirchenbesucher bringen. Zu dem Lied ‚Herr wie ein Baum‘ umschrieben die Besucher mit den Händen das Emporwachsen des Baumes. Zu der Liedzeile ‚Herr wie ein Baum sei vor Dir mein Gebet‘, nahmen die Kirchenbesucher mit vor der Brust verschränkten Händen die Demutshaltung ein. Die Entzücklika-Leute hatten bei der Obermarchtaler Liedertankstelle eine Referentenfunktion. Die Musiker sind dabei eine Art württembergische Außenstelle des bayrischen Vereins Musica e Vita, der südlich der Donau für die Verbreitung des neuen geistlichen Liedguts sorgt.
Alexander Bayer, Maria Sailer (Sopran), Simone Keicher (Chorarbeit) und Bernhard Lämmle bieten für Interessierte Workshops an und wollen ganze Gemeinden ansprechen und zum Singen bringen.
Am Ende der Liedertankstelle hatten die Besucher Entspannung und Heiterkeit getankt. Sogar für Bewegung hatte Entzücklika gesorgt. Die Leute gingen umher und wünschten sich per Händedruck den Frieden. ‚Toll war’s‘ war wohl das größte Kompliment für die Musiker, die zumindest zum Teil in Obermarchtal einen festen Zweitwohnsitz aufgenommen haben.

entnommen aus der Lokalpresse