Spannungsvolle Bandbreite. Neue CDs christlicher Popmusik

16. Dezember 2009

Eine Doppelrezension zu „Auf Goldgrund“ und „Größer“

von Peter Hahnen

Mit der christlichen Popmusik ist das so eine Sache: Den einen ist regelrechter Pop christlicher Prägung zu kommerziell, den anderen sind Kirchentagssongs zu „nett“ und – gelinde ausgedrückt – kammermusikalisch. Zwei ganz unterschiedliche CD-Neuerscheinungen spiegeln aktuell die Bandbreite des Möglichen wider und geraten dabei weder in das Haifischbecken des Kommerzes noch in die sanfte Betulichkeit klingender Jesuslatschen.

„Auf Goldgrund“:
Robert Haas (Musik) und Hermann Eimüller (Text) haben die mittelalterlichen Malereien Conrad von Soests auf dem Hochaltar der Pfarrkirche von Niederwildungen meditiert. Die klassischen Bildtafeln von „Verkündigung“ bis „Pfingsten“ werden in 13 Schritten kommentiert. Gesprochen wird wenig.

Eimüllers eindringliche Texte („am ende der uhren / am schlusspunkt der zeit…“) werden mal von Solisten, mal vom Chor vorgetragen. Bisweilen kann das Publikum mitsingen, das in diesem Exerzitium zur Tafelmalerei des frühen 15. Jahrhunderts zur Gemeinde wird. Markus Kerbers Fertigkeiten im Spiel der Klarinette, Saxophon und Flöte sind bewundernswert.

Die beiden Autoren haben vor Jahren noch mit Peter Janssens, einem der Urväter des Neuen Geistlichen Liedes, gearbeitet. Man hört das in der dramaturgischen Anlage des Projekts, in manchen Spitzen und Klischees („die ehrenwerten Priesterherren“) und gerade in der packenden Musik manchmal durch.

„Auf Goldgrund“ zeigt aber, wozu das christliche Singspiel im besten Sinne heute fähig ist. Insbesondere die Mitwirkung des in der Aufnahme engagiert singenden und von der Tontechnik gut eingefangenen Chores (Wildunger Musik-Werkstatt) ist zeitgemäß. Das liebevoll mit Reproduktionen der besungenen Altartafeln illustrierte Booklet bietet das komplette Libretto.

Unter Deutschlands Liedautoren des NGL hat sich der scheue Hermann Eimüller mit diesem Opus als Poet in Erinnerung gebracht. „Auf Goldgrund“ ist nicht nur eine eindrucksvolle Meditation der Passion Jesu, sondern eine Einladung, genauer hinzuschauen, was alte Kunst in unseren Kirchen auch heute zu sagen vermag.

„Größer:
Auf der anderen Seite des Spektrums erschien zeitgleich der CD-Erstling der Band „Sternallee“.
Ihr Album „Größer“ bietet 11 Tracks, die nicht zum Mitsingen sondern zum Zuhören einladen. Vier Musiker spielen gekonnt und facettenreich Pop und Balladen aus eigener Werkstatt. Jeder Track hat ausdrücklich einen biblischen Bezug, der von Hiob über die Psalmen bis zum Johannesevangelium reicht und im geschmackvoll fotografierten Booklet ausgewiesen wird. 3 Tracks sind englischsprachig, aber vor allem die deutschen Liedtexte können sich sehen lassen. Sie sind vor allem nicht evangelikal aufdringlich wie sonst so oft in der christlichen Popmusik.

Von pietistischer Attitüde ist Sternallee in den gut 45 Minuten Spielzeit weit genug weg. Pianist (und bei einigen der Songs Autor/Komponist) Matthias E. Gahr hat einige Texte beigesteuert, die sich selbst ohne Musik meditieren oder auch beten lassen („Du bist“).

Wer bei christlicher Popmusik im Kleinverlag an schlecht gestimmte Instrumente, unsauber intonierende Sänger und Garagensound denkt, wird hier eines Besseren belehrt. Die Sidemen dieser klassische Besetzung (Tasten, Gitarren, E-Bass und Percussion) schöpfen aus dem Vollen. Dieses Ensemble will nicht nur – es kann!

Frontfrau Christina Siebert hat eine wandlungsfähige Stimme, die sie bewusst einzusetzen weiß. Einzig ihr Tremolo bei „Kleine Freuden“ ist etwas heftig geraten. Wie dieser Liedtext denn auch ohnehin etwas putzig wirkt („Vieles blutet und schmerzt / ich brauche Heilung in mein Herz“). So betulich ist der Rest des Silberlings Gott sei Dank nicht. „Sternallee“ ist (noch) ein Geheimtipp.

1.)
Auf Goldgrund
Autoren: Hermann Eimüller (Text) / Robert Haas (Komposition)
Verlag: Robert Haas Musikverlag, Kempten (www.robert-haas.de), Best.Nr. 1043.
Preis: 14,- €

2.)
Größer (Ensemble Sternallee)
Verlag: Blue Moon Music, Weißenbrunn (www.sternallee.de), Best.Nr. 0210.
Preis: 15,- €